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Erbschaft und Schenkungssteuer

Schenkungssteuer vermeiden mit der Kettenschenkung

Der BFH hat mit Beschluss vom 28. Juli 2022 erneut entschieden, dass sich bei bestimmten Voraussetzungen mittels einer Kettenschenkung die Schenkungssteuer umgehen lässt (Aktenzeichen: II B 37/21).

Die Leitsätze des BFH-Beschlusses lauten wie folgt:

  • Wird ein Gegenstand in der Weise verschenkt, dass der erste Empfänger ihn unmittelbar darauf an einen Dritten weiterreicht, ist im Verhältnis Zuwendender/erster Empfänger zu prüfen, ob bereits zivilrechtlich eine Schenkung unmittelbar an den Dritten vorliegt.
  • Anderenfalls ist im Verhältnis erster Empfänger/zweiter Empfänger bzw. Dritter zu prüfen, ob dem ersten Empfänger eine Dispositionsbefugnis über den Gegenstand verbleibt.(Rn.16) Fehlt es daran, liegt steuerrechtlich eine Schenkung unmittelbar an den Dritten vor
  • Werden die beiden Verträge in einer Urkunde zusammengefasst oder in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen, muss sich die Dispositionsbefugnis eindeutig aus dem Vertrag oder den Umständen ergeben.

Zum Sachverhalt:

Mit einem einzigen notariell beurkundeten Vertrag vom 26.05.2017 verschenkte der Vater ein Grundstück. Er übertrug das Grundstück auf seine Tochter. Die Tochter ist die Ehefrau des Klägers. Die Tochter übertrug in demselben Vertrag den hälftigen Miteigentumsanteil auf ihren Ehemann, den Kläger. Im Ergebnis wurden der Kläger sowie seine Ehefrau Eigentümer der Immobilie zu je ein Halb.
 
Der Beklagte ist das Finanzamt (FA). Es vertrat die Auffassung, es habe sich hinsichtlich des an den Kläger geschenkten Anteils um eine Schenkung des Schwiegervaters an den Schwiegersohn gehandelt, und berechnete die Steuer hinsichtlich Steuerklasse und Freibetrag diesem Verwandtschaftsverhältnis entsprechend.

Der Vertrag wäre als Kettenschenkung auszulegen gewesen

Mit der Klage machte der Kläger geltend, Schenkerin seines Anteils sei seine Ehefrau gewesen. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage nach Vernehmung der Ehefrau als Zeugin stattgegeben. Wenn er auch Elemente enthalte, die auf das Gegenteil hindeuteten, sei doch der Vertrag so auszulegen, dass es sich nicht um eine Direktschenkung des Beigeladenen an den Kläger, sondern um eine Kettenschenkung gehandelt habe. Der Vater habe seine Tochter –die Ehefrau des Klägers– in ihrer Dispositionsbefugnis hinsichtlich des Grundstücks auch nicht eingeschränkt.

Das Finanzamt ist gegen die Entscheidung mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vorgegangen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Es ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass in Fällen, in denen ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) übertragen wird und diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zuwendet, für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen ist, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat. 
 

Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er entsprechend einer Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungssteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor. Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden. 

Es reicht nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand weiterschenkt.

Die Verpflichtung zur Weitergabe kann sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben.  Entscheidend ist das Fehlen einer Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten (BFH-Urteile in BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 13 bis 17; weitgehende Parallelentscheidung vom 18.07.2013 – II R 45/11, BFH/NV 2014, 43, Rz 16 bis 20, und vom 16.09.2020 – II R 33/19, BFH/NV 2021, 317, Rz 19, m.w.N.). Werden Schenkung und Weiterschenkung in einer Urkunde zusammengefasst, erlangt der zuerst Bedachte regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit, es sei denn, aus dem Vertrag oder den Umständen ergäbe sich eindeutig etwas anderes (vgl. BFH-Urteile in BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 19, und in BFH/NV 2014, 43, Rz 22, jeweils m.w.N.).

Verhältnis Zuwendender/erster Empfänger

Auf der ersten Ebene (Verhältnis Zuwendender/erster Empfänger) ist zu prüfen, ob bereits zivilrechtlich von einer unmittelbaren Schenkung des Beigeladenen an den Kläger auszugehen sein könnte. Wäre dies der Fall, stellte sich die Frage nach der Dispositionsbefugnis eines zuerst Bedachten nicht mehr, da es keinen zuerst Bedachten gäbe. Erst wenn zivilrechtlich zwei hintereinandergeschaltete Schenkungen bestehen, ist auf der zweiten Ebene (Verhältnis erster Empfänger/zweiter Empfänger bzw. Dritter) die Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten zu prüfen.

Auf der zweiten Ebene hat das FG hingegen –wie erforderlich– die Dispositionsbefugnis der Ehefrau des Klägers eindeutig bejaht. Es hat formuliert, der Vertragswortlaut lasse eine Auslegung dahin zu, dass sie eine eigene Dispositionsbefugnis gehabt habe. Nach dem Kontext meint das FG an dieser Stelle jedoch gerade nicht die zweite, sondern die erste Ebene, denn es handelt sich um eine von mehreren Begründungen für die getroffene Aussage, “[F]ür eine Kettenschenkung spricht …”. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass aus Sicht des FG an der Dispositionsbefugnis keine Zweifel bestanden. Das ergibt sich zum einen aus der Aussage im selben Absatz, eine inhaltliche Beschränkung der Dispositionsmöglichkeit der Ehefrau sei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen nicht zu entnehmen, zum anderen aus der abschließenden Angabe, Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit seien weder erkennbar noch. Anders als das FA diese Aussage interpretiert, ergibt sich daraus gerade, dass das FG die freie Dispositionsmöglichkeit der Ehefrau für eindeutig erachtet hat. Nachdem es keine Hinweise darauf gesehen hat, dass die der Ehefrau zivilrechtlich grundsätzlich zukommenden Befugnisse eingeschränkt wurden, hat es keinen Anlass zu weiteren Erörterungen gesehen, mithin die Lage für eindeutig gehalten.

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