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Der BFH hat mit Beschluss vom 28. Juli 2022 erneut entschieden, dass sich bei bestimmten Voraussetzungen mittels einer Kettenschenkung die Schenkungssteuer umgehen lässt (Aktenzeichen: II B 37/21).
Das Finanzamt ist gegen die Entscheidung mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vorgegangen.
Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er entsprechend einer Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungssteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor. Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden.
Die Verpflichtung zur Weitergabe kann sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben. Entscheidend ist das Fehlen einer Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten (BFH-Urteile in BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 13 bis 17; weitgehende Parallelentscheidung vom 18.07.2013 – II R 45/11, BFH/NV 2014, 43, Rz 16 bis 20, und vom 16.09.2020 – II R 33/19, BFH/NV 2021, 317, Rz 19, m.w.N.). Werden Schenkung und Weiterschenkung in einer Urkunde zusammengefasst, erlangt der zuerst Bedachte regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit, es sei denn, aus dem Vertrag oder den Umständen ergäbe sich eindeutig etwas anderes (vgl. BFH-Urteile in BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 19, und in BFH/NV 2014, 43, Rz 22, jeweils m.w.N.).
Auf der ersten Ebene (Verhältnis Zuwendender/erster Empfänger) ist zu prüfen, ob bereits zivilrechtlich von einer unmittelbaren Schenkung des Beigeladenen an den Kläger auszugehen sein könnte. Wäre dies der Fall, stellte sich die Frage nach der Dispositionsbefugnis eines zuerst Bedachten nicht mehr, da es keinen zuerst Bedachten gäbe. Erst wenn zivilrechtlich zwei hintereinandergeschaltete Schenkungen bestehen, ist auf der zweiten Ebene (Verhältnis erster Empfänger/zweiter Empfänger bzw. Dritter) die Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten zu prüfen.
Auf der zweiten Ebene hat das FG hingegen –wie erforderlich– die Dispositionsbefugnis der Ehefrau des Klägers eindeutig bejaht. Es hat formuliert, der Vertragswortlaut lasse eine Auslegung dahin zu, dass sie eine eigene Dispositionsbefugnis gehabt habe. Nach dem Kontext meint das FG an dieser Stelle jedoch gerade nicht die zweite, sondern die erste Ebene, denn es handelt sich um eine von mehreren Begründungen für die getroffene Aussage, “[F]ür eine Kettenschenkung spricht …”. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass aus Sicht des FG an der Dispositionsbefugnis keine Zweifel bestanden. Das ergibt sich zum einen aus der Aussage im selben Absatz, eine inhaltliche Beschränkung der Dispositionsmöglichkeit der Ehefrau sei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen nicht zu entnehmen, zum anderen aus der abschließenden Angabe, Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit seien weder erkennbar noch. Anders als das FA diese Aussage interpretiert, ergibt sich daraus gerade, dass das FG die freie Dispositionsmöglichkeit der Ehefrau für eindeutig erachtet hat. Nachdem es keine Hinweise darauf gesehen hat, dass die der Ehefrau zivilrechtlich grundsätzlich zukommenden Befugnisse eingeschränkt wurden, hat es keinen Anlass zu weiteren Erörterungen gesehen, mithin die Lage für eindeutig gehalten.