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Typisiertes Vergleichswertverfahren; eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise. Mit einer hochspannenden Fragestellung hatte sich das Niedersächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 1. Dezember 2022 – 1 K 90/19 – zu befassen.
Es ging in dem Fall um die Ermittlung des Grundbesitzwertes einer geerbten Immobilie (Wohnungseigentum) zum Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 12 Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).
Der Grundbesitzwert soll anhand von Vergleichspreisen ermittelt werden, die dem Finanzamt vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte mitgeteilt werden. Fraglich ist allerdings, ob diese Vergleichspreise überhaupt richtig sind und wie man das nachprüfen kann.
Hergen Kassuba, Steuerberater mit Spezialisierung auf Erbschaften von Immobilien, überzeugt das Urteil das Niedersächsischen Finanzgerichts nicht:
„Es kann nicht angehen, dass die Vergleichspreise, die die Gutachterausschüsse angeben, nur sehr eingeschränkt nachvollziehbar und nachprüfbar sind. Die Immobilien-Vergleichspreise ähneln damit einer Black-Box. Die ganze Wertermittlung ist intransparent. Meines Erachtens müssen die zum Vergleich herangezogenen Immobilien im Gutachten exakt bezeichnet werden, was bislang aber nicht der Fall ist. Ich hoffe daher, dass der BFH in der Revisionsinstanz weitergehende Prüfmöglichkeiten zubilligt.“
Die gerichtliche Überprüfung von Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.
Die Ermittlung des Grundbesitzwerts aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreisen obliegt den Finanzämtern. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Finanzämter insoweit aus sämtlichen mitgeteilten Vergleichspreisen einen Durchschnittswert bilden und diesen ansetzen.
Die Nichtangabe der genauen Adressen der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichsfälle kann keine offenbare Unrichtigkeit zu begründen.
Bei den in der Mitteilung des Gutachterausschusses angegebenen Vergleichspreisen handelt es sich nicht um die Mitteilung einer Preisspanne.
Vielmehr sind Differenzen bei den Einflussgrößen des Bewertungsobjekts durch das in der Mitteilung beschriebene Modell bei der Umrechnung derart berücksichtigt worden, dass die einzelnen Vergleichspreise anschließend direkt vergleichbar sind. In einem solchen Fall entspräche die Bewertung mit dem niedrigsten mitgeteilten Vergleichspreis nicht der von § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG vorgeschriebenen Bewertung.